2. Etappe der Reise: Türkei

 

Nachdem uns die Türkei letztes Mal so beeindruckt hat, wurde bei dieser Reise bewusst etwas mehr Zeit eingeplant um die Süd(west)küste etwas näher kennen zu lernen. Dieser Entschluss hat sich absolut gelohnt.

 

12.8.2009: Von Alexandroupoli nach Troja

 

 

Der Grenzübertritt in die Türkei war im Vergleich zum letzten Mal fast schon ein Spaziergang. Dies lag aber nicht daran, dass die Türken im Zuge der allgemeinen Anbiederung an die EU ihre Modalitäten geändert hätten sondern einfach daran, dass wir wussten wie der Hase läuft und zur Zeit unserer Einreise extrem wenig los war. Insgesamt haben wir keine halbe Stunde gebraucht.  Schnell noch Geld gewechselt, uns etwas im Duty Free Bereich umgesehen und schon waren wir drin.

Ein Beispiel für eine der schöneren TOKI-Siedlungen

Was uns als erstes auffiel ist, dass sich in den vergangenen 6 Jahren enorm viel getan hat in der Türkei. Die Straßen sind besser geworden, die Autos viel moderner, es gibt westliche Tankstellen, die auch westlichen Sauberkeitserwartungen entsprechen, in jedem größeren Ort prangt die TÜVTURK-Säule, es darf nirgends mehr geraucht werden (und das bei den rauchfreudigen Türken) und überall im Land schießen die Toki-Siedlungen aus dem Boden. Das sind staatlich gebaute Reihen- und Hochhaussiedlungen, die absolut grässlich sind und die Menschen aus peripheren Regionen in den Westen des Landes locken sollen - von der Tradition in die Moderne. Man merkt, dass dieses Land viel Anstrengungen unternimmt um vielleicht doch eines Tages in die EU aufgenommen zu werden.  Ob sich das lohnt und ob das der Türkei im Endeffekt gut tut, das kommentiere ich an dieser Stelle nicht. Eine Meinung dazu habe ich aber schon ;-)

Auf jeden Fall bleibt festzuhalten, dass das Land in den vergangenen 6 Jahren viel des Charmes verloren hat, der uns so gut gefallen hat. Schade eigentlich.

 

Über Kesan und Gelibolu ging es dann am Marmarismeer entlang nach Eceabat, wo wir die Fähre nach Cannakale genommen haben. Dies bedeutete für uns, den europäischen Kontinent zu verlassen und nach Asien überzusetzen. In der Nähe von Gelibolu sind wir dann noch an einem beginnenden Waldbrand vorbeigefahren, der die örtlichen Behörden und Feuerwehren ordentlich auf Trab hielt und zu sichtlicher Nervosität führte. 

 

 

 

Wir haben an diesem Tag extra eine kurze Fahrtstrecke eingeplant weil wir genügend Zeit zur Verfügung haben wollten um Troja zu besuchen. Es ist wirklich beeindruckend was Schliemann da zu Tage gegraben hat. Damals mussten ihn alle Einheimischen für verrückt erklärt haben ... kommt da in die türkische Provinz, baut sich eine Hütte und beginnt zu graben.

Es war sehr heiß aber wir haben das gesamte Grabungsgelände besichtigt. War sehr interessant und ist jedem zu empfehlen, der sich in diese Ecke verirrt.

 

 

 

 

Auf diesen Reisen mit all der Fahrerei ist es uns immer wichtig, in guten Hotels abzusteigen um auch möglichst regenerative Erholungspausen zu haben. In der Nähe von Troja wurden wir mit dem Hotel Tusan fündig. Nach einem kurzen Schläfchen waren wir dann bereit für ein opulentes Abendessen und einen Ausklang des Tages am Strand.

 

   
13.8.2009: Von Troja nach Pamukkale 

 

An diesem Tag war eine etwas längere Strecke eingeplant, deren Endpunkt die Sinterterrassen von Pamukkale bilden sollten. Entlang der Westküste ging es an Izmir vorbei und durch landschaftlich recht reizvolles Terrain. Teilweise waren die Straßen sehr gut ausgebaut, teilweise aber auch etwas ruppig und anstrengend zu fahren. In Aydin sollte uns dann auch die erste kleine Panne aufhalten. Der Passat hielt kein Standgas mehr und ging aus. Ist etwas nervig in der Stadt aber der Übeltäter war nur eine durchgebrannte Sicherung. Nicht der Rede wert ! 

 

 

In Pamukkale durften wir dann das erste Mal feststellen, welch enormen Schaden diese von mir so gehassten Pauschaltouristen mit ihren dummen Reisebussen und ihrem idiotischem Auftreten anrichten können. Wir wurden regelrecht belagert, zum Anhalten gezwungen, verfolgt und bedrängt von Türken, die uns ein Hotel, einen Parkplatz, Wasser, Tinnef oder sonstige Dienste aufschwatzen wollten. Wir hatten aber schon ein Hotel und wollten eigentlich nur in Ruhe die Kalkablagerungen bewundern. Es sollte aber im Laufe der Reise noch schlimmer werden. Nur das war uns zu diesem Zeitpunkt - el hamdudilah - noch nicht bewusst. 

Kurz und bündig: die Kalkterrassen sind beeindruckend, wenn auch extrem überlaufen und der Eintritt total überteuert. 

 

 

 

 

Das Hotel war gigantisch, 60 Euro für ein sehr luxuriöses Doppelzimmer inklusive Extrembuffet beim Abendessen und Frühstück. Leider haben wir uns ein Hotel ausgesucht, das von Pauschaltouristen nur so gewimmelt hat. Irgendwie wird man die nicht los. Wir haben sie einfach ignoriert. Nervig war auch das Spielchen, das sich bei unseren Reisen so oft wiederholt. Ich komme in der Regel nach einem Tag Fahrt recht verschwitzt und nicht mehr ganz sauber in diesen Hotels an - die Kleidung ist alt, oft bin ich dann nicht rasiert und sehe etwas verkommen aus - eine Masche, die ich bewusst fahre um unterwegs nicht als jemand aufzufallen, der potentiell große Mengen an Bargeld am Körper mit sich rumträgt.  Das ist das Personal nicht gewohnt, verweist dann immer auf den hohen Preis und bittet mich, gleich zu bezahlen. Das hätte ich auch getan aber die Verbindung des Kreditkartenlesers war wohl irgendwie schlecht und so ging das nicht.  So nervig wie dieses Personal war aber noch nie eines bei unseren Reisen. Da konnte auch das saubere Auftreten nach der Dusche nichts daran ändern. Noch gar nicht richtig im Zimmer angekommen kam schon der Anruf, wir sollten bitte unser rotes Auto hinter dem Hotel parken. Wann immer sie mich erblickten wurde ich gebeten, zu bezahlen. Nur war die Verbindung noch immer down und so hat das nicht geklappt. Am kommenden Morgen als ich dann das Werkzeug in das Auto packen wollte lief mir das junge Mädchen schon wieder hinterher aus lauter Angst, ich würde mich aus dem Staub machen. Da wurde die Sache dann echt nervig, ich habe ihr dann auf deutsch (fast schon pauschaltouristenmäßig) nett aber bestimmt meine Meinung gesagt und bezahlt. Dann war das junge Ding glücklich. ...  

 

 

   
14.8.2009: Von Pamukkale nach Anamur

 

Ein Grund wieso wir die Route entlang der Süd(west)küste gewählt haben war, dass ich unbedingt einmal sehen wollte, wie die massentouristisch erschlossene Küstenregion aussieht. Man hört ja viel von Antalya, Kemer und Co, so dass man das einmal live erlebt haben sollte - wenn auch nur am Rande, reicht ja auch,  oder? An diesem Tag stand nur Fahren und vom Auto aus Staunen auf dem Programm. Eigentlich wollten wir bis Silifke kommen, aufgrund der Straßenverhältnisse war da aber nicht daran zu denken. Jetzt aber einmal von Anfang an. Die Türken bauen wie die Weltmeister Straßen und das nach einem für Europäer ungewöhnlichem System. Man reißt erst einmal über eine Strecke von etwa 5 Kilometern den alten Belag ab, die Straße wird aber nicht gesperrt. Vielmehr fahren die Fahrzeuge dann über Schotter- und Schlaglochpisten an Planierraupen und LKWs vorbei durch die Baustelle. Das ist auf Dauer eine sehr anstrengende und nervige Angelegenheit, die dem Auto ziemlich viel Standfestigkeit abverlangt. Mal ganz abgesehen davon, dass die entgegenkommenden Fahrzeuge, die sich teilweise durch die Straßenverhältnisse so gar nicht beirren lassen, mit nahezu unverminderter Geschwindigkeit entgegenkommen und fliegende Steinmassen über Deine Motorhaube und Windschutzscheibe verteilen.  

 

 

Die Strecke vor und nach Izmir war landschaftlich sehr reizvoll. Wie das aber immer so ist, je reizvoller die Landschaft um so langsamer kommt man voran weil die Straßen einfach schlecht ausgebaut sind. 

 

 

 

 

 

 

Das Land wurde auch zunehmend orientalischer - vom Verkehr her und den zahlreichen Straßenverkaufsständen, die sich entlang der "Schnellstraßen" ansiedelten. Ab und an war das echt gefährlich weil sich manch verkaufswilliger Mensch - wir vermuten es waren Kurden - fast schon vor das Auto geworfen hat um seine Datteln, Blumen etc. an den Mann zu bringen. 

 

Die Südküste zwischen Antalya und Alanya war wie erwartet eine tragische Erfahrung. Man hat hier natürliche Sandstrände und idyllische Fischerdörfer mit Bettenburgen bebaut, die sich auf eine Länge von 50km Burg an Burg entlang der Küste aneinander reihen. Bdurlaub in der Türkei: billig, klingt besser als Italien und Pamukkale nehmen wir nebenbei auch noch mit. Hauptsache wir treffen keine Einheimischen, die uns mit ihrer Ohabigkeit den Urlaub versauen könnten. So läuft das. Unterwegs haben wir auch mehrere Male einen Bus mit offensichtlich deutschen Touristen getroffen. Tante Frieda und Onkel Hugo waren sichtlich aus dem Häuschen, dass sich zwei lebensmüde Bayern mit so einem alten Auto bis an die türkische Südküste wagen. So in etwa habe ich ihr Gehabe interpretiert als sie sich an den Busfenstern mit einem Ausdruck von Entsetzen die Nasen plattgedrückt haben. 

An dieser Stelle sei noch zu ergänzen, dass das eigentlich niemanden aus dem Häuschen hätte bringen sollen. Seit dem türkischen Grenzübergang fühlten wir uns so, wie sich Holländer auf der A9 fühlen müssen. Es gab stellenweise bedeutend mehr deutsche Autos als türkische. Es ist enorm, was für ein Gastarbeiterstrom an deutschen Türken sich da in den Sommermonaten über die Türkei ergießt. Das war schon bei unserer letzten Reise enorm. Dadurch, dass wir jetzt aber voll in der Sommerferienzeit unterwegs waren, war das dieses Mal noch viel krasser. Das ein oder andere sehr heimatnahe  Auto war auch dabei. 

 

 

Interessant und vollkommen neu war für mich, dass an der Südküste Bananen angebaut werden, die auch allerorts zum Verkauf stehen. Da muss ich wohl meinen Diercke Atlas noch etwas genauer studieren.

 

 

Hinter Alanya kamen wir dann plötzlich nur noch sehr langsam voran. Über etwa 350 km ging es bergauf, bergab über steile Passstraßen. Aus diesem Grund haben wir uns dann auch entschieden, nur noch bis Ananmur zu fahren und dort ein Hotel zu suchen. Am Ortseingang von Anamur haben wir dann auch noch einmal eine dieser unsäglichen TOKI-Siedlungen gesehen. 

 

 

Da wir im Hotel nicht verpflegt werden konnten, haben wir uns abends unter die einheimische Bevölkerung gemischt und sind zufällig im Restaurant eines deutschen Türken gelandet, der eigentlich als Sozialarbeiter in Berlin arbeitet, im Sommer jedoch in seinem Hotel und Restaurant nach dem Rechten sieht. Wir haben uns sehr gut mit ihm über die wenig an Land und Leuten interessierten Touristen in Antalya und seine sehr schwierige Anfangszeit in Deutschland unterhalten. Das sind  die Kontakte, die ich auf solchen Reisen als so wertvoll empfinde. Der Fisch war übrigens der beste, den ich in meinem ganzen Leben gegessen habe. Soll nichts heißen, ich esse ja nicht so extrem viel Fisch aber das wollte ich erwähnen. Als Begrüßungsgeschenk  hat uns der türkische Landsmann dann noch eine Nachspeise auf Kosten des Hauses zukommen lassen. 

Unter unserem Hotel war ein Friseur, der uns bei unserer Ankunft gleich einen Parkplatz zugewiesen hat. Es war kein wirklich guter Parkplatz wie sich herausstellen sollte aber dazu später mehr. Auf jeden Fall habe ich beim Blick in den Spiegel gesehen, dass es mal wieder höchste Zeit war, meine Mähne schneiden zu lassen. Also habe ich mir eine kombinierte Haarschneide- und  Haarentfernungskur gegönnt und dann auch noch gleich eine Massage drangehängt. Phänomenal übrigens, ich hatte bis kurz vor daheim keine Probleme mehr mit einem steifen Hals, der sich bei so langen Fahrten automatisch irgendwann einstellt. Nur den Umgang mit dem Feuer sollte er noch ein bisschen üben! Sein brennender Wattestab, mit dem er mir sämtliche Haare an allen möglichen Stellen im Gesicht entfernt hat, hat mir eine unangenehme Brandwunde beschert, die man heute noch sieht. Er fand seinen Witz mit dem Sish Kebab so lustig, dass er  für einen Moment unachtsam war. 

An diesem Tag sollte es früh ins Bett gehen, am nächsten Morgen hieß es sehr zeitig aufzustehen um die lange Strecke bewältigen zu können. Dumm nur, dass zwei Stockwerke über unserem Zimmer die Hoteldisko war. Die Musik war so laut aufgedreht, dass uns durch etliche Wände hindurch noch die Ohren geschmerzt haben. Prima Sache. Wir haben es akzeptiert, ist doch Anamur der Ort, an dem die Türken Urlaub machen und wenn es die nicht stört, dann stört es uns auch nicht.  

 

15.8.2009: Von Anamur an die türkisch - syrische Grenze

 

Nach einer kurzen und lauten Nacht ging es morgens um 7.00 Uhr vom Hotel aus los in Richtung türkisch-syrische Grenze.  Vor der Abfahrt habe ich dann noch den Ölstand kontrolliert und festgestellt, dass uns der Friseur am Vorabend direkt über einen Ameisenhügel gelotst hat. Hat mich in dem Moment nicht sehr beeindruckt, sollte uns aber im Verlauf der Reise noch ein paar Mal auf Trab halten. 

Über gefährlich anmutende Bergstraßen und diverse Baustellen ging es die ersten 250 km bis Silifke wie erwartet nur sehr langsam voran.

 

 

 

 

Ab Silifke ging es dann auf der Schnellstraße schon bedeutend schneller voran, ab Mersin hatten wir eine fast schon luxuriöse Autobahn. Das letzte Stück vom Ende der Autobahn durch Antakya durch bis zur Grenze war dann noch einmal etwas anstrengend. In Antakya war sehr viel Verkehr, der mittlerweile auch schon ganz gut orientalisch anmutete. So konnte ich das Feuerwehrauto gar nicht fotografieren, das zum Bäume gießen missbraucht wurde und die Aufschrift "Feuerwehr Aalen - ein Geschenk für unsere Partnerstadt Antakya" trug.

Wie hätte es auch anders sein sollen waren die letzten 5km vor der Grenze wieder einmal Baustelle und absolut unbeschildert. Man fährt durch ein kleines Dorf, dann über eine schlechte Straße durch die Pampa bis diese Straße plötzlich aufhört und man nur noch in Staub gehüllt an Baumaschinen vorbeifährt. Wäre uns nicht ein Syrer entgegengekommen, wir hätten sicherlich umgedreht.

Die Ausreise aus der Türkei war leicht und hat trotz eines unerwartet hohen Ansturmes keine halbe Stunde gedauert.

 

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