5. Etappe: Ägypten - Kairo

 

Kairo ist der absolute Wahnsinn und hat uns ehrlich gesagt auch ziemlich kalt erwischt. Wäre das die erste orientalische Stadt gewesen die wir besucht hätten, wäre das wahrscheinlich auch die Einzige gewesen. Kairo vibriert nicht nur, es springt rund um die Uhr unaufhörlich meterhoch auf und ab. Es ist schwer zu beschreiben, was da vor sich geht. Vielleicht hilft zum Einstieg in das Kapitel Kairo folgender Kontrast. Eigentlich beschreibt er ziemlich gut, wie diese Stadt tickt: 

 

   
23.8.2009: Erster Abend in Kairo

Ehrlich gesagt: das Hotel in Kairo war schlecht ausgewählt. Da habe ich nachlässig recherchiert beziehungsweise auf der falschen Seite die falschen Bewertungen gelesen. Jetzt weiß ich wenigstens, dass die Talat Harb Street in Kairo wohl mit dem Merje-Platz in Damaskus vergleichbar ist. Empfangen wurden wir durch den penetranten Geruch von Katzenurin. Der Aufzug war baufällig (der durchgebrochene Boden mit Abfallholz gesichert, beim Einsteigen ging der gleich mal 15 cm in die Knie) und konnte nur wieder verlassen werden indem man den defekten Sicherheitsmechanismus überlistet hat. Das Zimmer inklusive Bad war mit Sicherheit schon seit Monaten nicht mehr geputzt worden, die Bettlaken und -decken waren auch schon second, third, fourth oder tenth hand ;-))

Der gute Mann an der Rezeption war professioneller tourist guide mit Universitätsabschluss in tourist guide business und hat uns andauernd mit seinen Angeboten genervt. 

 

 

 

 

Der ausgewiesene Hotelparkplatz ;-)

 

Und noch ein Video - vom Aufzug. Lohnt sich aber !

 

Das Hotel heißt übrigens: Gresham House. So, genug geschimpft. Wir haben auch siniert ob das nicht vielleicht falsch ist, in ein Land zu fahren bei dem man sich bewusst ist, dass der Standard nicht so ist wie bei uns, vielleicht auch genau deswegen dorthin zu fahren und sich dann über ein schlechtes Hotel beschweren. Wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass das nicht falsch ist. Ein altes, heruntergekommenes oder sehr einfaches Hotel wäre ja in Ordnung gewesen ... nur ein schlichtweg unsauberes Hotel, das hätte nicht sein müssen.

 

 

Der Rest des Tages ist schnell erzählt. Nach einer kurzen Ruhepause haben wir uns in das Gewühl von Kairo begeben. Entgegen der Situation bei unserer Ankunft war nun wieder richtig was los. Die Moslems hatten gegessen, getrunken, geraucht und gebetet und waren nun bereit, den angenehmen Teil des Ramadan zu genießen: Baklawa, Wasserpfeife, Geschenke, Treffen mit Freunden etc.

Besonders auffallend waren die vielen Bettler und Kranken, die auf die - besonders während des Fastenmonats gebotenen - Almosen hofften.

Interessant war, dass wir fast die einzigen Gäste in dem Restaurant waren. Ich hatte erwartet, dass da besonders abends und während des Ramadan mehr los wäre.

 

 

 

   
24.8.2009: Zitadelle und Khan Khalili

 

Nach einer sehr unruhigen Nacht (die Klimaanlage war ohrenbetäubend und die hupenden Autos taten ihr Übriges) ging es dann am nächsten Morgen ohne Frühstück ("breakfast is not included but you can use my fridge if you pay 2 Euros per person"  Zitat des tourist guide B.A. - wir haben abgelehnt) zunächst einmal an den Nil. Pflichtprogramm bei einem Kairobesuch.

Dann haben wir uns ein Taxi gesucht, das uns zur Zitadelle bringen sollte. Erster Eklat. Bei den Taxis gibt es ein Problem. Sie haben kein Taxameter. Also gilt die Regel, dass man so viel bezahlt wie man für angemessen hält. Nur das weiß man als Tourist  ja tendenziell eher nicht und so ist man als Ausländer ein beliebtes Opfer für den schnellen Euro zwischendurch. Wir wussten schon wieviel angemessen wäre und das hat den Taxifahrer etwas irritiert. Nach einem anfänglich indiskutablen Preis haben wir uns bei einer Summe geeinigt, die zwar immer noch hoch war aber nicht unverschämt. Das alles läuft etwas weniger entspannt ab als im Basar. Die Burschen werden ganz schnell sauer und laut. Eine eher unschöne Erfahrung.

 

Die Zitadelle selbst ist leider - wie wir feststellen mussten - den Besuch nicht unbedingt wert, soll heißen: ganz nett aber wenn man sie nicht gesehen hat, hat man auch nicht viel verpasst. Der wenig spektakuläre Bau beherbergt alles an Museen, was den ägyptischen Staat gut dastehen lässt: ein Militärmuseum, ein Polizeimuseum und noch die ein oder andere, wenig berauschende Propagandaausstellung. Am Interessantesten ist noch die Mohammed-Ali-Moschee, doch im Vergleich mit anderen Bauwerken dieser Art sticht sie dann auch nicht wieder sonderlich hervor. Zu erwähnen ist vielleicht noch, dass wir die ramadangeschädigte Dame am Ticketschalter erst wecken mussten bevor wir unseren Eintritt entrichten konnten.

 

 

 

 

Aus einem Grund hat sich der Besuch dann aber doch noch gelohnt: wir hatten Gelegenheit, einen Einblick in Land und Leute zu bekommen, den wir nicht missen möchten. Wir wurden verhaftet - zumindest war das unser Eindruck.

Als wir in der Moschee waren, kam plötzlich ein Polizist zu uns und forderte uns auf, ihm zu folgen. Das haben wir dann auch getan. In einer Ecke forderte er mich auf, ihm den Fotoapparat auszuhändigen. Fotografierverbot war nicht, das hatte ich vorher geklärt. Er inspizierte den Apparat und brachte uns in Pose. Drei verwackelte Bilder später gab er uns die Kamera zurück mit der Aufforderung, ihm nun den ihm zustehenden Lohn auszuhändigen. Noch etwas baff gab ich ihm 2 Pfund, die er erbost zurückgab. Also habe ich ihm dann 5 Pfund gegeben, ihm aber auch unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass das mehr als genug sei und er keine weitere Gegenleistung zu erwarten hätte. Leicht unzufrieden ist er dann abgezogen. Das war dann schon der zweite korrupte Polizist auf dieser Reise. Es sollte nicht der letzte gewesen sein.

 

   
Kurz darauf kam noch ein Polizist auf dem Freigelände zu uns und wollte uns auch wieder etwas zeigen, den haben wir dann aber gleich abgewimmelt. Da wir ohnehin alles gesehen hatten, haben wir uns dann auf den Weg in Richtung Sultan Hassan Moschee gemacht. Zu Fuß, das finde ich in solchen Städten immer am spannendsten. Obwohl wir damit beschäftigt waren, Tausende von Taxifahrern abzuwimmeln, die aus allen Richtungen kamen und in der Hoffnung auf den schnellen Euro teilweise auch Einheimische stehen ließen, haben wir doch ganz interessante Dinge gesehen, die jetzt vielleicht nicht im Programm von TUI oder Neckermann zu finden sind. Da stürzen dann schon mal Häuser ein, die aber im Erdgeschoss noch bewohnt werden. Toll finde ich auch die KFZ- und Reifenwerkstätten, die selbst schwierige Reparaturen am Straßenrand durchführen und deren Mechaniker keine Gedanken auf fachgerechte Entsorgung der Flüssigkeiten etc. verschwenden müssen ;-).  

 

 

Es ist schade, dass man direkt proportional zu den negativen Erfahrungen, die man macht, auch zunehmend mißtrauischer wird. So haben wir erst nach der Verabschiedung gemerkt, dass der nette Mann, der uns  auf der Straße angesprochen hat um uns zu sagen, dass es wegen der Gebetszeit gerade schwierig ist, die Sultan Hassan Moschee zu betreten, keine 500 Meter entfernt aber auch eine sehr schöne Moschee sei, deren Minarett man sogar besteigen kann, einfach nur nett sein wollte und nicht auf Geld aus war. Vor lauter Überlegen, welche Summe für das Taxi zurück zum Hotel wohl angemessen sei, übersieht man dann auch schon einmal, dass der Fahrer ein Taxameter hat, das auch funktioniert und läuft. So war dann auch die Tatsache, dass er uns ganz stolz seine Klimaanlage vorgeführt hat und ich ständig die Hand an den kalten Luftstrom halten und ihm sagen musste, was für ein tolles Auto er hat, auch nur halb so lustig. Es ist zugegebenermaßen wirklich schwierig zu unterscheiden, wer einfach nur gastfreundlich sein will und wer darauf aus ist, einem möglichst viel Geld aus der Tasche zu leiern. Schade !

Nachdem wir ja immer noch nicht gefrühstückt hatten und das im Ramadan in Kairo auch nicht so einfach ist, haben wir dann nachmittags darauf gewartet - und das ist mir jetzt fast schon peinlich - bis um 14:00 Uhr das McDonalds aufgemacht hat. Zumindest konnten wir der Versuchung von BigMac und diesem ganzen Abfall widerstehen und haben einen McArabia bestellt. War auch gar nicht so schlecht.

 

 

Am späten Nachmittag stand dann noch der Suq (Khan Khalili) auf dem Programm. Im Vergleich zu Aleppo oder Damaskus war der wenig spektakulär. Hingefahren sind wir wieder mit dem Taxi, haben den Preis vorher fix gemacht, doch angesichts der wirklich kurzen Strecke war der nicht wirklich landestypisch. Es gibt Tage, da verliert man. Am besten nimmt man eines der neuen, weißen Taxis. Die haben alle einen Taxameter. Leider gibt es davon noch nicht so viele.

Wie dem auch sei, hier durften wir das erste Mal einen wirklichen Vorteil des Ramadan kennen lernen. Am späten Nachmittag hängen die Verkäufer nach einem heißen Tag ohne Essen, Trinken und Nikotin nämlich so in den Seilen, dass sich da keiner mehr aufraffen kann, einen Touristen in sein Geschäft zu ziehen. Es war herrlich. So ungestört konnte ich mich bisher noch durch keinen arabischen Basar bewegen. Nach den Anschlägen ist die Polizeipräsenz da auch recht hoch, aber die meisten Polizisten hatten nach den nächtlichen Feierlichkeiten auch schwer mit der Müdigkeit zu kämpfen ;-).

 

 

 

 

Glücklicherweise haben wir auch einen netten Gewürzhändler gefunden, bei dem sich Marie auch gleich einmal eingedeckt hat. Somit konnten wir das Thema Gewürze auch schon abhaken. Und der Mann wusste, was ausländische Touristinnen so wollen ;-)

 

 

 

Um eine erneute Taxifahrt zu vermeiden sind wir dann zu Fuß zurück ins Hotel. Irgendein kundiger Mensch hat einmal behauptet:

"Eigentlich müsste der Verkehr in Kairo komplett kollabieren. Lediglich eine   geschickte Ausnutzung der gesamten Fahrbahnbreite verhindert dies."

Dass er Recht hat, konnten wir ja schon vermehrt beobachten. Selbst in einem Taxi sitzend, stockt einem manchmal schon der Atem. aber diesmal waren wir ja zu Fuß unterwegs.

An der Verkehrssituation können aber auch Konstruktionen wie die rechts im Bild nichts ändern.

 

 

 

Ach ja, beinahe hätte ich es vergessen. Im Reiseführer stand ein öffentlicher Park ausgeschrieben. Da wir ja den Weg zum Khan Khalili teilweise zu Fuß zurückgelegt hatten, dachten wir uns, ein Besuch des Parks wäre erholsam.

Auch nachdem wir Eintritt bezahlt hatten, dachten wir das noch. Nun ja, was soll ich sagen. Park passt nicht so wirklich und durch die vielen bettelnden Kinder, die dann auch zunehmend penetrant und immer mehr wurden, war der Aufenthalt im Endeffekt nicht wirklich erholsam ;-) 

 

Bei Sonnenuntergang gab es dann wieder die gewohnt leeren Straßen. Diese Erkenntnis hat uns gelehrt, in Zukunft bei Einfahrt in größere Städte immer die Zeit des Fastenbrechens auszuwählen. Bedenkt man, wie es dann da zwei Stunden später wieder zugeht, ist das der perfekte Zeitpunkt um im Ramadan ungeschoren in das Zentrum zu kommen. Das ist übrigens dieselbe Straße, die man oben auch im Video sieht. Nur eben zwei Stunden früher. 

 

 

Abends hatten wir dann wirklich Glück mit dem Restaurant.  Und dieses Mal waren wir wirklich die einzigen Gäste. Während wir noch so grübelten, wieso das wohl so sei, hat uns dann der Kellner auch schon die Antwort darauf gegeben. Im Ramadan sei das furchtbar, meinte er. Kurz nach Sonnenuntergang kämen alle zum Essen um unmittelbar danach auch wieder zu verschwinden um zu beten oder das Treiben auf den Straßen zu genießen.

Auf dem Rückweg ins "Hotel" sind wir dann wieder an einem Baklawageschäft vorbeigekommen. Dieses Mal konnten wir nicht widerstehen.

 

   
25.8.2009: Ägyptisches Museum und Koptisches Viertel

 

Ein weiterer Punkt auf dem Pflichtprogramm ist bei einem Kairobesuch sicherlich das Ägyptische Museum. Wir hatten uns redlich bemüht, an einen Stadtplan von Kairo zu kommen, selbst (oder gerade) in der Tourist Information konnte man uns da aber auch nicht wirklich weiterhelfen. Das war dem Angestellten auch sichtlich unangenehm. Also haben wir den Weg  zum Museum wieder einmal mit der liderlichen Lonely Planet Karte gesucht. Abgelenkt durch die Eindrücke, den Verkehr und die netten Menschen haben wir uns dann prompt verlaufen - zum Glück muss man sagen, denn dieser kurze Abstecher war interessanter als das ganze Museum. Wir fanden uns plötzlich in einem Dorf inmitten der Metropole Kairo wieder. Die Menschen dort leben unter sehr einfachen Bedingungen, die Straßen sind nicht geteert, Sperrmüll und Abfall wird auf der Straße entsorgt (darunter auch Autowracks und Altreifen), immer wieder kreuzten Ziegenherden und Hühner unseren Weg, der Geruch war einzigartig. Kurzum: wir waren hier ein absoluter Fremdkörper, der sehr interessiert gemustert wurde. Sehr gerne hätte ich Bilder gemacht aber der Anstand hat es mir verboten.

Das Problem an der Sache war, dass wir aufgrund des Sackgassenprinzips der orientalischen Stadt nicht mehr so recht den "Ausgang" gefunden haben. Führte dann doch einmal so eine Gasse aus dem Viertel heraus, dann prangte plötzlich eine große Mauer vor uns, die den Eindruck erweckte, diese Wohngegend vor der großen Stadt und dem nahen Hilton abgrenzen zu wollen. Eine verschleierte Frau erkannte unser Problem und half uns, auf den rechten Weg zurück zu kommen. alleine hätten wir den wahrscheinlich auch nicht so schnell gefunden. Die Dame war sehr nett.

Der restliche Weg zum Museum war schnell gefunden. Wir kamen auch bis zum Röngtengerät, wo wir gefragt wurde, ob wir eine Kamera hätten. Ich bejahte dies leider und durfte dann auch gleich wieder nach draußen um das gute Stück abzugeben. Ich bin mir aber auch sicher, dass ich das nicht hätte tun müssen wenn ich die Frage einfach verneint hätte. Gut, Ägyptisches Museum, großes Kino ... oder auch nicht. Einzelne Teile waren ganz interessant, andere dafür wieder weniger. Alles in allem hat es uns beide nicht vom Hocker gehauen. Teilweise erweckte es den Eindruck, einfach eine große Halle zu sein, in die man einfach alles gestellt hat, was irgendwie historisch aussieht. Pädagogisch absolut nicht aufbereitet, teilweise waren die Exponate sehr schlecht gesichert und manchmal auch gar nicht beschrieben. Vielleicht sind wir aber auch nur Banausen. Auf jeden Fall ist es uns nur bedingt gelungen, so etwas wie Begeisterung zu empfinden. Sehr schön war die Abteilung von Tutanchamun. Bilder durften beziehunsgweise konnten wir ja leider keine machen.

 

 

Kairo wie es leibt und lebt: zahlreiche Klimaanlagen und Satellitenschüsseln prangen an den Wänden der Hochhäuser.

 

 

Nach einer kurzen Ruhepause im "Hotel" wurde der restliche Tag genutzt um das Christenviertel zu erkunden. Hin sind wir mit dem Taxi, langsam klappte das auch mit dem Preis. Aber nur fast. wie eigentlich immer auf der Reise war die Tageszeit nicht besonders günstig um alles zu sehen. Trotzdem haben wir einen ausreichenden Einblick erhalten. Die Krypta, in die wir geführt wurden, soll angeblich der Ort sein, an dem sich die Heilige Familie auf ihrer Flucht für einige Zeit versteckt hat. Wir zweifeln aber daran, dass die von uns besuchte wirklich die richtige Krypta war - auch wenn das der selbsternannte Führer immer wieder behauptete.

 

 

 

 

 

 

Den Rückweg haben wir dieses Mal ausnahmsnweise nicht mit dem Taxi angetreten, sondern mit der U-Bahn. Das ist die einzige Untergrundbahn Afrikas, von den Franzosen erbaut. Angesichts dieser Tatsache (also nicht, dass sie von den Franzosen erbaut wurde) muss man einfach einmal damit gefahren sein. Für das Bild habe ich übrigens einen Rüffel von einem sich langweilenden Polizisten erhalten. Wenigstens wollte er kein Geld ;-).

 

 

 

Abends hatten wir dann eine Verbaredung mit Nora, einer alten Studienfreundin und Kollegin aus Weißenburg, die aus Kairo kommt und gerade auf Heimatbesuch war. Ihre Mutter kennen wir auch von diversen Deutschlandbesuchen und so kam die auch gleich mit. Es war ein sehr schöner Abend, der nach dem Essen in einer kleinen Einkaufstour endete. Es war hochinteressant, Einblicke in Geschäfte zu erhalten, die man als Tourist eher weniger besuchen würde. Ebenso interessant war die Erfahrung, wie unbehelligt man sich durch die Straßen kairos bewegen kann wenn man mit Einheimischen unterwegs ist.

Wir mussten eine Stunde auf die beiden warten, eigentlich eher untypisch für Nora. Erst kurz vor der Verabschiedung haben wir gemerkt, dass wir seit Tagen nach der falschen Zeit gelebt hatten. Wegen des Ramadan wurden in Ägypten die Uhren bereits Tage zuvor auf Winterzeit umgestellt worden -  nur das ist uns irgendwie entgangen. Lustig.

Nachdem unser Hotelzimmer mittlerweile zu allem Überfluss auch noch von Ameisenhorden heimgesucht wurde und wir eigentlich auf unserer Reise bis dahin genug Ameisen gesehen hatten, haben wir uns kurzerhand entschlossen, einen Tag früher abzureisen und ein Hotelzimmer in Giza direkt bei den Pyramiden gebucht. Nora hat sich freundlicherweise bereiterklärt, am nächsten Tag frühmorgens in der Nähe des Hotels auf uns zu warten um uns den Weg zu zeigen. Also war der Abschied nur von kurzer Dauer. 

 

26.8.2009: Giza und die Pyramiden

Wie abgemacht wartete Nora am nächsten Morgen pünktlichst in der Nähe der Moschee beim Hotel auf uns. Wir waren etwas früh dran und leider waren auch einige Polizisten da, die uns immer wieder auf das dort geltende Halteverbot aufmerksam machten. Also haben wir einige Lokalrunden gedreht, bis wir Nora aus dem Taxi steigen sahen.

Wir waren recht froh, dass sie uns bis zum hotel begleitet hat, eigentlich war das nicht so kompliziert zu finden aber wir hätten uns sicherlich zwei oder drei Mal auf dem Weg dorthin verfahren. Und dann war die Straße vor dem hotel - natürlich, wie auch sonst ? - wieder einmal eine Einbahnstraße. Es gab also potentielle Verfahrmöglichkeiten in ausreichender Menge.

Als wir am Hotel ankamen war es kurz nach neun, trotzdem konnten wir unser Zimmer schon beziehen.  Einziges Problem war, dass das Parken vor dem Hotel nicht genehmigt war, angeblich eine Anordnung des Tourismusministeriums. Seit den Anschlägen sind vor den Hotels rund um die Uhr "Sicherheitskräfte" postiert, der Eintritt wird erst gestattet nachdem man durch einen Metalldetektor gegangen ist, es kümmert sich aber niemand darum und so umgeht man den einfach.

Weil der Polizist aber so nett und zuvorkommend war, durften wir trotzdem vor dem Hotel parken. Wo ist da der Haken ? Das ist schnell erklärt. Man teilte uns mit, dass der Polizist nur für die Sicherheit unseres Autos garantieren könne, wenn man ihm ein kleines Dankeschön für das Entgegenkommen in Form von Bargeld geben würde. Bei uns nennt man so etwas Schutzgelderpressung. Mit dem Polizisten stimmte sowieso irgendetwas nicht. Einmal habe ich beobachtet, wie eine Hotelangestellte ihm ins Gesicht geschlagen hat. Was muss ein arabischer Mann getan haben, dass er sich von einer Frau (!!!) schlagen lässt ohne dabei Gegenwehr in irgendeiner Form zu leisten ? Ich will es gar nicht wissen.

Auf jeden Fall war das Hotelzimmer (oder besser die Suite ?) Schock pur - zumindest im Vergleich zu dem, was wir in Kairo hatten. Es ist schwer  zu beschreiben aber einige Bilder helfen da sicher weiter. Besonders der Blick aus dem Fenster war atemberaubend.

 

 

 

Alles in allem barg der Tag aber auch einige unangenehme Momente. Fangen wir am Anfang an. Wir haben noch Frühstück bekommen und so konnten wir gestärkt in den Tag starten. Hassan, der außerordentlich "nette" Liftboy hat uns angeboten, uns in auch nur jeder erdenklichen Art und Weise behilflich zu sein. So hat er uns dann auch mehr oder weniger unaufgefordert ein Taxi bestellt, das uns zu den Pyramiden brachte. Der Fahrer wollte uns gleich seine Dienste als Führer anbieten und war auch dann leicht angesäuert als wir ihm erklärten, dass das nicht notwendig sei.

Für die 5 Minuten Fahrt wollte er 50 Pfund, das sind ca. 7 Euro. Absoluter Wucher. Ich wollte ihm 20 geben, was immer noch mehr als genug gewesen wäre, die hat er aber als Beleidigung bezeichnet und gemeint, dass er von jemandem wie mir gar kein Geld mehr nimmt, ich solle schauen, dass ich Land gewinne. Das wollte ich aber auch nicht, bei 25 haben wir uns dann "geeinigt". Eigentlich hätte ich einfach gehen sollen.

Bereits beim Eingang ging es dann los mit den Scherereien.

"You need a camel ?", "You want a horse", "I'm the best tourist guide here". Nein, weder noch. Anfänglich war das noch ganz erträglich und trotz sehr hoher Aufdringlichkeit noch zu ertragen aber langsam wurde es dann nervig.

 

 

 

So ging es dann auch weiter. Horden an fliegenden Händlern haben uns verfolgt um uns Wasser, Postkarten, Armbänder, Kamele, Pferde, Führungen, alte Münzen oder sonstiges Gelumpe anzudrehen.

Eine besonders dreiste Masche brachte mich dann dazu, meine Contenuance zu verlieren und das passiert mir eigenntlich nie. Zumindest hat das MArie noch nie erlebt und wir kennen uns jetzt seit über sieben Jahren.

einer dieser Kameltreiber kam her zu uns und bot uns einen Ritt auf seinem Tier an. Wir haben das abgelehnt, er war aber besonders aufdringlich und meinte, er freue sich einfach über Gäste seines Landes und wolle nur ein Bild von uns und dem Kamel machen. Auf keinen Fall wolle er Geld dafür. Also haben wir eingewilligt - wenn auch widerwillig. Plötzlich wurde die ganze Sache sehr aufwändig, wir haben einen Turban und diverse Utensilien ausgehändigt bekommen und sollten uns dann nur für das bild auf das Kamel setzen. Da schwante mir schon auf was das hinauslaufen sollte. Ich habe gesagt, dass wir das nicht machen, die ganze Sache wurde hitzig, er wollte uns dann zwingen, das Kamel zu besteigen aber wir haben uns nicht zwingen lassen. Als dieser Komödienstadel vorbei war, wollte er natürlich Geld, nicht für sich, sondern für sein Kamel. Unterstützung kam dann noch von einem seiner Freunde, dem das Kamel angeblich gehörte. Der Rest gehört hier nicht hin aber wie gesagt: ich habe die Contenuance verloren.

Dieses Schauspiel haben wir dann noch öfters bei verschiedenen  Händlern und Touristen beobachtet. Okay, reingefallen. Und wieder war die Trennschärfe zwischen ehrlichen und unehrlichen Menschen nicht mehr vorhanden. Wie soll man da noch feststellen können, wer es ehrlich meint und wer nicht ? Schwierig ! 

 

Es war unmöglich, die Atmosphäre des Ortes auf uns wirken zu lassen. Nachdem man uns gegenüber respektlos war, hatten wir auch keinen Antrieb mehr, Respekt zu zeigen und haben als erstes unseren Durst gestillt. Dann noch ein paar Bilder gemacht und zurück zum Hotel. Schade !

 

 

 

 

Den Rückweg haben wir dann zu Fuß angetreten. War wirklich nur ein Katzensprung. Hier hatten wir dann auch Gelegenheit, eines der Autos zu fotografieren, wie man in Agypten so viele sieht: mit deutschen Nummernschildern unter dem ägyptischen. Das war uns schon in Kairo aufgefallen. Irgendwann kam mir dann die Frage, woher man in Ägypten diese ganzen (und offensichtlich echten) deutschen Nummernschilder bekommt. ein Blick auf mein Auto hat mir dann ganz schnell die Antwort geliefert. Da habe ich meine erst einmal unter dem Teppich versteckt.

 

 

Den Rest des Nachmittags haben wir genutzt um uns von der Hitze und den Strapazen der Reise zu erholen. Nach einem Schläfchen habe ich dann auch die Ereignisse des Tages resümiert . Eigentlich waren wir ja vorgewarnt.  Diverse Reiseführer haben vor der nervigen Situation bei den Pyramiden gewarnt aber irgendwie haben wir das verdrängt. Wie kommt es aber dazu, dass Touristen als Melkkühe angesehen und so respektlos behandelt werden ? Zunächst hängt das sicherlich mit der im Koran verankerten Verpflichtung zusammen, dass wohlhabende Menschen den Armen einen Teil ihres Vermögens abzutreten haben. Ich denke aber, dass es da noch einen tieferen Grund gibt. Da kommen Horden an Touristen in ihren Bussen an, sind für arabische Verhältnisse eigentlich komplett unbekleidet und verhalten sich so gar nicht, wie man das eigentlich auch zu erwarten hätte. Da ist Hänschen Müller, im Zivilberuf ein kleiner Angestellter bei der Filiale der Sparkasse Hinterberglhausen plötzlich jemand. Hoppla, in Ägypten kann man ja plötzlich ganz große Sprünge machen, dementsprechend tritt man auch auf. Seine Frau Lieschen hat Mitleid mit den armen Kindern, verteilt Kugelschreiber und Luftballons (Werbegeschenke aus der Sparkasse) ohne jegliche Gegenleistung. Besonders nette Touristen verteilen dann auch Geld, nicht selten in Höhe eines Tageslohnes. Man hat es ja und kann das hier mal zeigen und den Leuten "helfen". Oder man tritt mit einer Arroganz und Überheblichkeit auf, die Ihresgleichen sucht. All das haben wir auf unserer Reise erlebt und schockiert den Kopf geschüttelt. Auch wir sind von Fettnäpfchen nicht verschont geblieben aber muss es gleich ein ganzer Fettpool sein ? Aus dieser Sicht kann man die Araber schon verstehen. Und auf solches Verhalten trifft man auch nur in klassischen Touristenregionen. Dass da ein Zusammenhang besteht lässt sich meines Erachtens nicht leugnen - auch wenn ich das jetzt sicherlich etwas überspitzt beschrieben habe.

Ein Vorteil unseres Hotelzimmers war, dass wir freien Blick auf die Straße hatten. Ich habe die Zeit vor dem Abendessen dazu genutzt, unbemerkt einige Szenen einzufangen, die meiner Meinung nach ganz gut beschreiben, was in Kairo so abgeht und wie Ägypten so tickt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach einem guten Abendessen in Hotel haben wir den Abend dann noch auf der Dachterrasse ausklingen lassen - mit Blick auf die spärlich und farblich abwechselnd beleuchteten Pyramiden.

   

 

 

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