5. Etappe: Ägypten - Sinaihalbinsel
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22.8.2009:
Nuweiba
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Mit Verlassen der Fähre waren
wir zumindest schon einmal auf ägyptischem Territorium, von der Einreise
in das Land trennten uns aber noch die umfangreichen Zollformalitäten
für die Einfuhr des Autos. Die ägyptische Regierung verbindet damit eine
ganze Reihe von Auflagen. Zunächst einmal geht ohne Carnet de Passages,
einem Dokument, das die vorübergehende zollfreie Einfuhr des Fahrzeuges
ermöglicht, gar nichts. Die Sicherheitsleistung, die hinterlegt
werden muss, ist im Fall Ägypten besonders hoch und beträgt bei einem
Fahrzeugwert von bis zu 7500 Euro stolze 5000 Euro. Diese müssen entweder
beim ADAC einbezahlt werden oder durch eine Bankbürgschaft garantiert
werden.Das wäre also das erste
Hindernis, das sich aber mit einem guten Draht zur Hausbank durchaus
überwinden lässt.
Nach Verlassen der Fähre sind alle Passagiere erst einmal zu Fuß zu einer kleine Pyramide gegangen. also sind wir da auch hin. Da ging es durch und dahinter wartete ein Bus. Keiner wusste so genau, was es mit dieser Fähre auf sich hatte, nicht einmal der Polizist, der davor stand, er wies mich aber an, da durchzugehen und anschließend in den Bus einzusteigen. Dass ich ein Auto hatte, war ihm egal. Durch und rein in den Bus ließ er mich noch einmal wissen. Also sind wir durch, haben uns ein paar Poster über die Schweinegrippe angesehen und dann sind wir einfach entlang der Pyramide außen zurück und wieder in unser Auto. Langsam nervte diese Schweinegrippenhysterie, hatte uns doch schon auf dem Schiff so eine Lernschwester mit Mundschutz angesehen und fachkundig diagnostiziert, dass wir gesund sind. Auf jeden Fall haben wir die Anweisungen des Ordnungshüters ignoriert und sind direkt in den Zollabfertigungsbereich gefahren. |
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Dort angekommen, versuchte ich mich erst einmal zu orientieren, folgt doch jede Einreise einer gewissen Routine. Auf dem Weg in das Mülltonnenhäuschen, das die Central Bank of Cairo beherbergte, lief mir ein Polizist über den Weg und fragte mich ob ich denn schon Hilfe bekommen würde. als ich verneinte, schickte er mich zu meinem Auto zurück, wo ich warten sollte. Also zurück zum Auto. Nach kurzer Zeit kam der gute Mann und dann begann der wahnsinnigste Zollzirkus, den ich jemals erlebt habe. Ich war geistig und körperlich anwesend, hätte aber nicht den Hauch einer Chance, dieses ganze Procedere bei einer erneuten Einreise auch nur ansatzweise zu beherrschen, geschweige denn zu durchblicken. Da wurde Geld gewechselt, die KFZ-Versicherung abgeschlossen, die Fahrgestell- und Motornummer abgepaust, die Existenz des Feuerlöschers kontrolliert und bestätigt, Papiere ausgefüllt, kopiert und auf drei verschiedenen Stellen verteilt, Pässe abgegeben, das Carnet irgendwo anders abgegeben, Aktenmappen mit KFZ-Papieren erstellt, kontrolliert und weitergegeben, Schilder geholt, der Fahrzeugschein erstellt, Dinge getan, deren Sinn sich mir nicht erschließt und letztendlich unzählige Zigaretten angeboten. Irgendwann waren wir an der Stelle, wo alle wichtigen Papiere in drei verschiedenen Büros lagen und der Polizist urplötzlich und ganz dringend wegmusste. Er kam aber wieder ;-))
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Die ägyptischen KFZ-Schilder
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Der Neuankömmling ist freudig
überrascht angesichts der Hilfsbereitschaft der Touristenpolizei, weiß
er zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass diese dazu verpflichtet ist, einem
armen Tropf wie mir zu helfen, der sonst keine Chance hätte jemals sein
Auto in das Land zu bringen. Auf jeden Fall hatte ich irgendwann alle
Papiere wieder und die ägyptischen Schilder wurden montiert indem man
mangels ausreichender Befestigungslöcher in der Hecklappe einfach drei
weitere mit einem Dorn einschlug. Vor lauter Bakshishforderungen vergaß
der Polizist glatt, unser Gepäck zu durchsuchen. Bakshish. Das erste Mal
auf unserer Reise und für ägyptische Verhältnisse unverschämt hoch
aber nach all dem Wirrwarr habe ich das gerne bezahlt, wenn ich auch etwas
verstimmt war über die Höhe.
Das mit den Schildern ist auch so eine Sache. Das Fahrzeug erhält eine komplett ägyptische Zulassung. Manche sagen, das liegt daran, dass die ägyptischen Kontrollposten keine deutschen Fahrzeugpapiere lesen, geschweige denn fremdländische Schilder identifizieren können. Andere wiederum behaupten, das sei nach den Anschlägen eine Vorsichtsmaßnahme der ägyptischen Regierung um die Identifikation von ausländern zu erschweren. Aber genau das kann nicht der Fall sein, denn diese Zollschilder entsprechen in keiner Weise den ägyptischen. Wie dem auch sei, ich kenne die Antwort nicht. Nach einer letzten Kontrolle, verbunden mit einem kleinen Plausch und einem herzlichen Willkommensgruß, wurden wir in die ägyptische Freiheit entlassen. Es war nun schon 24.00 Uhr durch und wir hatten keine wirkliche Orientierung, wie wir in unser Hotel kommen sollten. |
Der ägyptische Fahrzeugschein
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Nach einigen erfolglosen Versuchen, mithilfe der liderlichen Karte im Lonely Planet das Hotel im Ortsteil Tarabin zu finden, habe ich dann erst einmal eine Tankstelle angesteuert, denn angesichts der niedrigen Spritpreise im Land habe ich es mir verkniffen, in Jordanien noch einmal nachzutanken. Also habe ich den leeren Tank für 12 Euro vollgemacht und bei der Gelegenheit auch gleich einmal nach dem Weg gefragt. Der nette Tankwart konnte weiterhelfen und so waren wir gegen 1.00 Uhr nachts endlich am Hotel. Was wir vorfanden war gelinde gesagt absolut berauschend, sollte aber nur die Spitze des Eisberges sein.
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22.8.2009: Wüste Sinai und Katharinenkloster
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Als wir am
kommenden Morgen unser Zimmer verließen und uns ein warmer Wind von
geschätzten 50°C ins Gesicht blies, hat mich erst einmal der Schlag
getroffen. Nicht wegen der Hitze, sondern vielmehr wegen der Aussicht, die
uns da völlig unerwartet traf. Ich war begeistert und das will etwas heißen
bei jemandem, der dem Strandurlaub eigentlich so gar nichts abgewinnen
kann.
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Nach einem ausgiebigen Frühstücksbuffet - es war übrigens der erste Tag des Ramadan - haben wir uns dann entschieden, dass vor dem Sprung ins Rote Meer ruhig noch etwas Kultur sein darf und haben Tarabin in Richtung Sinaigebirge verlassen. Wer sich auf Reisen begibt, sollte vorher immer die Hinweise des Auswärtigen Amtes studieren. Im Fall Sinai lauteten die wie folgt: In den letzten Jahren gab es in Ägypten willkürliche Anschläge auf Hotels und Touristenziele. Oktober 2004: Anschläge in Taba, Sinai-Halbinsel, auf Hotels und Touristenziele. Juli 2005: mehrere Sprengstoffanschläge im Badeort Sharm El-Sheikh, Sinai-Halbinsel, auf ein Hotel, ein Café und einen Basar mit über 60 Todesopfern. April 2006: Anschlag im Badeort Dahab, Sinai-Halbinsel, mit 19 Todesopfern und über 50 Verletzten. Darüber hinaus ist in ganz Ägypten einschließlich der Sinai-Halbinsel für Touristen ein erhöhtes Entführungsrisiko erkennbar. Von Reisen in entlegene Wüstenregionen wird dringend abgeraten. |
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Jetzt neige ich nicht dazu, derartige Hinweise zu verharmlosen, jedoch sollten sie auch niemanden dazu bringen, sich das Faszinosum Sinai entgehen zu lassen und Vorsicht sollte man auf solchen Reisen ja ohenhin immer walten lassen. Lange Rede, kurzer Sinn: ohne den Besuch der Sinai-Halbinsel wäre unser Aufenthalt in Ägypten nur halb so interessant gewesen. Die Regierung bemüht sich nachdrücklich, die Region stabil zu halten. Nicht zuletzt wegen der Nähe zu Israel ist der gesamte Sinai mit regelmäßigen Militär- und Polizeikontrollen versehen, die stets nach dem Reiseziel fragen. Die einzelnen Posten funken sich offensichtlich auch gegenseitig an, mehrere Male ist es uns passiert, dass wir einfach nur gefragt wurden: "You from Allemagna ? You to St. Catherine ? Welcome to Egypt !" Auch wenn diese Posten erheblich zu einem Gefühl der Sicherheit beitragen, nerven sie irgendwann. Da sind Stachelketten für die Reifen, Fässer und Geschwindigkeitsbrecher zu umfahren, Letztere haben unser vollbeladenes Auto immer wieder zu Aufsetzern gebracht, fast noch kinder im zarten Alter von 18 Jahren hantieren da mit schrfen Maschinengewehren rum und letztendlich - obwohl wir immer sehr freundlich empfangen wurden - weiß man ja nie, was einen da erwartet.
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Ziel unserer Tagestour war das Katharinenkloster, das an der Stelle errichtet wurde, an der nach der Überlieferung der brennende Dornbusch zu Moses sprach. Direkt dahinter befindet sich der Mosesberg, an dem Moses die zehn Gebote übertragen wurden. Leider ist das Kloster nur vormittags geöffnet, das wussten wir auch. Diese Tatsache ließ sich auch durch einen netten Plausch mit der Touristenpolizei nicht ändern. Bei Temperaturen zwischen 40 und 45°C war uns ehrlich gesagt nicht danach, den Mosesberg zu erklimmen und so haben wir die Stimmung des Ortes auf uns wirken lassen und den Heimweg angetreten, denn so ein bisschen Strandurlaub sollte uns nach all den Tagen der Fahrerei und Grenzübertritte gewährt sein. |
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Kurz vor Sonnenuntergang haben wir uns dann in das badewannentemperierte Meer getraut, das trotz sehr einfacher Entsorgungspraktiken (ab ins Meer mit allem was stört) glasklar ist und herrliche Blicke auf Korallenriffe gestattet. Abends haben wir dann etwa 2 Meter vom Meer entfernt bei Kerzenlicht gegessen, ein Traum !
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22.8.2009: Von
Nuweiba nach Kairo
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Schweren Herzens
verließen wir unser Traumdomizil am Roten Meer um in Richtung Kairo
aufzubrechen. Wir waren ja nicht zum Spaß unterwegs ;-))). Es sei
vielleicht noch erwähnt, dass wir für zwei Übernachtungen,
nachmittägliche Getränke, Unmengen an Wasser und ein ausgiebiges,
mehrgängiges Abendessen inklusive Nachspeise keine 100 Euro bezahlt
haben.
Zunächst einmal ging es wieder über den Sinai mit all seinen Kontrollposten. Vorsichtshalber haben wir noch einmal vollgetankt, man weiß ja nie wie diese verlassene Gegend mit Tankstellen versorgt ist. Offenbar ist der Sinai eine unfallträchtige Gegend, vielleicht sieht man aber auch einfach keine Notwendigkeit, ausgebrannte Busse, verunfallte Tanklaster oder anderen Schrott am Wegesrand wegzuräumen.
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An einem Unfall sind wir dann auch direkt vorbeigefahren. Sah böse aus. Nachdem aber bereits der Krankenwagen und die Polizei anwesend waren gab es für uns da nicht viel zu tun. Versteht sich von selbst, dass wir die Aufnahme mit äußerster Diskretion gemacht haben. |
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Die Landschaft war übrigens weitaus weniger spektakulär als die auf dem Weg zum Katharinenkloster. Endlose Weiten und keine Menschenseele weit und breit. Ab und an einmal ein Bus oder Auto und das wars dann. Für Spannung und Abwechslung ist aber trotzdem gesorgt. Immer wieder kommt ein Kontrollposten, der sich über das ungewöhnliche Auto und die friends aus Alemagna freut, ab und an steht mal ein Kamel auf der Straße, es kann auch passieren, dass einem Bus beim Entgegenkommen plötzlich der Reifen platzt und Fetzen gegen die Windschutzscheibe und Frontpartie fliegen und ... dann sind auch die Ägypter nicht ganz untätig beim Bauen und folgen dem türkischem Vorbild. |
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Ab und an überraschen auch Sandverwehungen den gelangweilten Fahrer aber das wars dann auch schon !
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Irgendwann kamen
wir dann an den Tunnel, der unter dem Suezkanal verläuft. Offensichtlich
ist man in Ägypten da ganz stolz drauf, denn er war bereits in Nuweiba
ausgeschildert. Von dort aus sind es ja nur schlappe 350 km. Für uns
hatte der Tunnel aber auch eine ganz besondere Bedeutung, verbindet er
doch die beiden Kontinente Asien und Afrika. Es hieß also raus aus Asien
und rein nach Afrika.
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Kurz hinter dem Suezkanal kamen wir dann auf die Autobahn nach Kairo und - was soll ich sagen - zumindest der Verkehr war schon einmal recht afrikanisch. Was auf dem Bild aussieht wie ein ganz normaler Abschnitt auf der A9 außerhalb der Stoßzeiten war in Wirklichkeit knallharte Konzentrations- und Koordinationsarbeit: da wird links und rechts überholt. Autos drängen sich in Abstände zwischen LKWs, Bussen und PKWs, die bei uns mindestens 3 Monate den Führerschein kosten. Autos kommen von überall und fahren nach überall hin. Es gibt keine Regel, außer vielleicht die folgenden zwei: §1 StVo Ägypten: Wo Platz ist darf gefahren werden ! §2 StVo Ägypten: Fahre wie Du willst, alle anderen tun es auch ! |
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Das absolute Sahnehäubchen dieses letzten Streckenabschnittes bildete die Fahrt in das Stadtzentrum von Kairo. Einmal sind wir aus Versehen falsch abgebogen und fanden uns plötzlich in einem Vorortslum wieder. Bei über 20.000.000 Einwohnern (Dunkelziffer unbekannt) kann das schon einmal passieren. Auf jeden Fall waren wir plötzlich auf einer ungeteerten, mit allen möglichen menschlichen Ausscheidungen und Abfall übersäten "Straße", die zu allem Überfluss noch mit einem Rohrbruch zu kämpfen hatte. Vor uns prangte ein mit Abwasser gefülltes Loch in der Straße. Erst als der Bus vor uns im 45°-Winkel (das ist vielleicht leicht übertrieben aber es war schon sehr schräg) halb in diesem Loch und halb auf der "Straße" steckte kam uns so der Verdacht, dass es keine gute Idee war, dem hinterherzufahren. Schon zu spät. Rumms, bumms ein mittelschwerer Aufsetzer und dann aber schnell Gas gegeben, diese Brühe wollte ich nicht im Auto haben. Wir haben (man verzeihe uns) davon abgesehen, ein Foto zu machen. Wir waren sowieso zu beschäftigt damit, das aus allen Ecken und Enden schallende Ahlen wa Sahlen (Herzlich Willkommen) mit einem genau so herzlichen Shukran (Dankeschön) zu quittieren. Sehr nette Menschen, ganz ehrlich. Die Straße die wir eigentlich gebraucht hätten war in arabischer Manier natürlich gesperrt, also sind wir wieder einmal von der Stadtautobahn runter und durch die kairoanische Peripherie, sprich über Schlaglöcher, durch Müllberge, Abwasserpfützen, an ausgedienten Sofas, Kühlschränken und sonstigem Gedöns vorbei. Bei der Gelegenheit haben wir auch den einzigen 32b unserer Reise gesehen. Von hinten schön, vorne mit kapitalem Unfallschaden aber das stört ja nicht. Ich finde das klasse.
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Als Orientierungshilfe diente
wieder einmal der liderliche Lonely Planet Kartenversuch. Weit sind wir
damit nicht gekommen aber immerhin ein gutes Stück in die Stadt. Da
hätten wir dann auch beinahe eine Unfall gehabt - aber nur beinahe.
Leider wäre das auch noch meine Schuld gewesen. Hätte ich nicht wirklich
gebrauchen können.
Uns fiel auf, dass der Verkehr langsam aber stetig weniger wurde, je weiter wir in das Stadtzentrum kamen. Irgendwann haben wir die Orientierung verloren und da war es Zeit für Trick 17. Also einen Taxifahrer an der Tankstelle aufgegabelt, schnell einmal abgeklärt ob er mit dem Straßennamen in nicht arabischen Schriftzeichen und unserer sicher lustigen Aussprache etwas anfangen konnte und schon ging es los. Eines musste man ihm lassen. Geld wollte er keines schinden, wir sind nämlich mit 100 hinter ihm hergefahren und durch die Stadt geheizt. Die Straßen waren leer. Also wirklich leer, wie in Eichstätt nachts um 1.00 Uhr. Und er brachte uns zu unserem Hotel. Dass er einmal aussteigen und nachfragen musste war ihm so peinlich, dass er partout kein Geld angenommen hat. Wenn ich etwas zu sagen hätte, ich würde ihn zum ehrlichsten Taxifahrer Kairos ernennen. Die Jungs sind nämlich wirklich das Räuberischte, was ich jemals erlebt habe. Die kommen sogar noch vor den Österreichern. Habe ich schon erwähnt, dass die Straßen leer waren ? Das liegt am Ramadan. Zur Zeit des Fastenbrechens, also kurz nach Sonnenuntergang hat jeder Wichtigeres zu tun. Ist aber auch mehr als verständlich. |
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